Die flächendeckende nachhaltige Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und die Nutzbarkeit der Naturgüter nach § 1 und § 2 NNatG Umsetzung wird im besiedelten Bereich vorrangig durch die Bauleitplanung umgesetzt [1]. Sie hat u.a. die Belange der Nutzungsgruppen in den Bereichen Siedlung / Industrie und Gewerbe unter Berücksichtigung der Grundsätze und Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege zu regeln und umzusetzen wie die Neuansiedlung von Bebauungsgebieten in Bereichen mit wenig beeinträchtigter Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. In Bereichen mit besonderer Bedeutung für die biotischen und/ oder abiotischen Schutzgüter sowie für das Landschaftsbild werden besondere Maßnahmen zum Erhalt der vorhandenen Lebensräume und Strukturen gefordert, wenn durch Bebauungspläne eine bauliche Entwicklung vorgesehen ist, die beeinträchtigend sein könnte. Grundsätzlich besteht hier die Notwendigkeit der Erstellung von Grünordnungsplänen[2] zu den Bebauungsplänen. Weiterhin ist durch die Steuerung der Siedlungsentwicklung u.a. die Sicherung von Freiräumen mit klimatischer Ausgleichsfunktion[3] oder Erholungsfunktion möglich, der Erhalt unzerschnittener Räume, das Freihalten von Pufferflächen zwischen Bebauung und sensiblen Biotopen, die Integrierung von potentiellen Kompensationsflächen in das entstehende Biotopverbundsystem, der Erhalt der historischen Ortskerne sowie der regionstypischen Siedlungsformen sowie die Sicherung der Funktionsfähigkeit von Wasser- und Stoffretention.
Adressaten: die Stadt als Trägerin der Bauleitplanung sowie private Träger von Bauvorhaben.
Tabelle 5.4-9: Entwicklungsziele des Naturschutzes und konkrete Maßnahmen der Bauleitplanung
Entwicklungsziel |
Maßnahmen |
Raumbezug |
Sicherung und Entwicklung der für dörfliche Siedlungen charakteristische Tier- und Pflanzenarten |
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Gebiete der Leitbildtypen SA und SN |
Sicherung der Funktionsfähigkeit für Wasser- und Stoffretention |
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Gebiete der Leitbildtypen SA und SN |
Sicherung lokalklimatischer Ausgleichsfunktionen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des örtlichen Klimas |
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Gebiete der Leitbildtypen SA und SN |
Erhalt harmonischer Landschaftsstrukturen und Blickbeziehungen |
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Gebiete der Leitbildtypen SA und SN |
[1] Der LRP (Cassel et al. 2000) gibt umfangreiche grundlegende Hinweise hinsichtlich der Siedlungsentwicklung:
· Siedlungen: Erhalt historischer Orts- und Stadtkerne, landschaftstypischer Siedlungsränder sowie regionstypischer Siedlungen; Erhalt und / oder Entwicklung von für Arten und Lebensgemeinschaften wertvollen Bereichen; Berücksichtigung dorf- und stadtökologischer Belange bei der Planung und beim (Um-)Bau (z.B. Erhalt vorhandener Lebensräume und Strukturen, Schaffung von Nist- und überwinterungsmöglichkeiten) u.a. in der Kernstadt; Verbesserung der Naturschutzwertigkeit innerörtlicher Freiräume durch Extensivierung der Pflege von Altbäumen, naturnahe Entwicklung an Still- und Fließgewässern (z.B. in Groß Steinum); Enge inhaltliche Verzahnung (Abstimmung) von Siedlungsentwicklung und verkehrlicher Infrastruktur, insbesondere des öPNV; Erhalt und Verbesserung dezentraler Infrastrukturen und Dienstleistungen zur Reduzierung von Mobilitätszwängen; in den Dörfern ist ein Mindestmaß an dörflicher Infrastruktur zu erhalten (Lebensmittel, Post, Gaststätten).
· Vermeidung weiterer Zersiedlung zur Einbindung isolierter Siedlungsteile ist durch städtebauliche und/oder grünordnerische Maßnahmen im Rahmen der Bauleitplanung eine Arrondierung der Ortslage anzustreben.
· Industrie/Gewerbe: Auslastung bestehender Gewerbegebiete, keine Neuausweisung in Bereichen mit wenig beeinträchtigter Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts; größere Gewerbeflächenausweisung vorrangig in Orten, die bereits eine gute Infrastruktur besitzen; Anwendung ökologischer Planungs- und Baumasstäbe beim Industrie- und Gewerbebau.
· Freiraumentwicklung: Erhalt von Freiräumen zwischen deutlich getrennten Ortslagen mit eigenständiger Entwicklung; Erhalt der Freiräume v.a. zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschafts- und Ortsbildes sowie der klimatischen Ausgleichsfunktionen; Abstandswahrung insbesondere zu Wäldern (mind. 100 m); Erhalt günstiger Freiraumsituationen in den Orten; in Ortschaften mit hohem Anteil siedlungstypischer Freiraumstrukturen, wie Gehölzen, Ruderalflächen, Obstwiesen, Grünflächen, und/oder mit gut erhaltener historischer Bausubstanz und Siedlungsstruktur ist die allgemeine Anforderung der baulichen Verdichtung im Einzelfall zu prüfen. Verbesserung der Freiraumsituation in den Orten; In Orten mit unterdurchschnittlichem Anteil an Freiräumen und einer starken Abweichung von den regionstypischen Formen der Siedlungsstruktur und Erscheinungsbild sind Maßnahmen zur Verbesserung in diesen Bereichen notwendig.
· Erhalt harmonischer Ortsränder: Landschaftstypische Siedlungsränder, wie sie z. B. in dem Rundlingsdorf Scheppau noch erhalten sind, sind vordringlich zu schützen und durch Absicherung in der Bauleitplanung vor den anderen Nutzungen zu bewahren. Ortsränder sollen mit naturraumtypischen Landschaftselementen harmonisch in die umgebende Landschaft eingebunden werden (Obstgehölze, Hecken aus standortheimischen Baum- und Straucharten). In Bereichen offener Siedlungsränder, v.a. in Orten mit jüngerer Bautätigkeiten für Siedlungserweiterungen oder Gewerbe, sollte durch die Wiederherstellung einer typischen Ortsrandnutzung, wie Gartenland, Grünland, Obstwiesen, sowie durch Gehölzpflanzungen und Bereitstellung ungenutzter Bereiche für Ruderalvegetation eine Einbindung in die Landschaft erfolgen. Die Flächen sollten in der Bauleitplanung als öffentliche Flächen gesichert werden und können z.B. bei der Umsetzung von Ersatzmaßnahmen angelegt werden. Eine Verbesserung der Ortsrandsituation wird durch die Beseitigung der standortfremden Koniferen und den Ersatz durch standortgerechte Laubgehölze erreicht. Die hierzu erforderliche Bewusstseinsbildung ist im Rahmen der öffentlichkeitsarbeit u.a. bei der Dorfentwicklung anzustreben.
[2] Für die Kernstadt liegt eine Pflegekonzeption in Verbindung mit einem Grünflächenkataster vor. Die Konzeption enthält konkrete Hinweise zur Pflege-Extensivierung sowie Ansätze zur Umgestaltung/Aufwertung einzelner Flächen, die bereits gebietsweise umgesetzt sind. Ergänzend wäre ein Grünordnungskonzept sinnvoll, das den Funktionszusammenhang des Grün- und Freiflächensystems darstellt und auf der Grundlage der Pflegekonzeption und der Ergebnisse des Landschaftsplans eine sinnvolle Weiterentwicklung des Grünsystems im Zusammenhang mit geplanten Siedlungserweiterungen aufzeigt. In den Ortslagen der ländlich geprägten Gebiete sollte die Freiraumsituation vorwiegend über Dorferneuerungspläne verbessert werden.
[3] Folgende Anforderungen bestehen an Grünzüge in Neubaugebieten aus klimaökologischer Sicht: ausreichend breite Grünzüge (mind. 50 m) können nachteilige Auswirkungen auf das Ortsklima mindern oder vermeiden helfen. Dabei sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen (Mayer & Matzarakis 1992, zit. in Mosimann 1999: 256), deren Eigenschaften bestimmen, ob der Grünzug als Leitbahnstruktur für klimaökologischen Ausgleich wirken kann: