3.4.1.3           Ausgleichsräume und klimaökologisch bedeutsame Flächen und Strukturen im Gebiet der Kernstadt Königslutter

Die klima- und immissionsökologisch wichtigen Landschaftselemente im Bereich des Planungsgebietes werden nach den methodischen Empfehlungen von Mosimann et al. (1999) bestimmt und bewertet. Die Darstellung in der Karte 4 „Klima und Luft“ orientiert sich an den Vorgaben im Leitfaden Landschaftsplan (Bierhals et al. 2001).

Kalt- / Frischluftentstehungsgebiete (Ausgleichsräume) mit Bezug zu belasteten Siedlungsgebieten

Entsprechend der Lage der Stadt am Elmhang erstrecken sich potentielle Ausgleichsräume in Oberhangbereich in westlicher und südwestlicher Richtung (vgl. Karte 4). Nach dem Prinzip der Abgrenzung von Wasserscheiden (vgl. Methodik im Anhang), wurde ein 11,5 km² großes Einzugsgebiet ermittelt, das vom südwestlichen Stadtrand bis weit in die Kammlagen des Elms reicht. Aus diesem überwiegend bewaldeten Gebiet strömt Frisch- und Kaltluft in den Siedlungsbereich der Kernstadt. Die Ackerflächen am Schmiedeberg sind ebenfalls Teil des Ausgleichsraumes. Von dort strömt in austauscharmen Strahlungsnächten Kaltluft den Siedlungsflächen am südlichen Stadtrand zu.

Der Ausgleichsraum Elm wird von der L 290 durchschnitten, die auf dem betreffenden Streckenabschnitt südlich Königslutter mit 3.158 DTV belastet ist. Eine Vorbelastung der transportierten Kaltluft wird nach Mosimann et al. (1999) erst bei Verkehrsemissionen von mehr als 10.000 DTV angenommen. Die Kaltluftbildung erfolgt zudem vor allem in den Nachtstunden und die Kaltluftströme fließen vor allem in der zweiten Nachthälfte und am frühen Morgen aus dem Elm ab, wenn die Verkehrsdichte nur einen Bruchteil des Tagesaufkommens - etwa ein Siebtel (vgl. DIN 18005, Teil 1, Tab. 4) - ausmacht.

Eine deutliche Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf der L 290 sollte im Interesse der Qualität des Frischluftzustroms aus dem Elm vermieden werden.

Potentielle Liefergebiete für Flurwinde

Außer dem orographisch[1] bedingten Ausgleichsraum am Elmhang können weitere Ausgleichsräume anhand der Reichweite thermisch bedingter Luftaustauschprozesse abgegrenzt werden. Diese Reichweite beträgt maximal 2 km und wird von der Wirkungsraumgrenze abgetragen (siehe Karte 4). Es wird ein Ausgleichsraum im Nahbereich unterschieden, der mit 1 km Distanz von der Wirkungsraumgrenze abgetragen wird (siehe Karte 4). In diesem Bereich sind auch kleinere kaltluftproduzierende Wiesen, Ackerflächen, Waldflächen und sonstige Grünflächen relevant für die Bildung von temperaturausgleichenden Flurwinden. Im weiteren Umfeld des Wirkungsraumes bis zur 2 km-Distanz sind dann nur noch die Freiflächen für thermische Ausgleichsprozesse bedeutsam, die je nach Strukturtyp größer als 10 ha (Wiesen, Acker), 20 ha (Wald) bzw. bis 30 ha (sonst. Grünflächen) sind.


Leitbahnen für Luftaustausch zwischen Ausgleichsräumen und belasteten Siedlungsgebieten

Es bestehen zwei Haupt-Leitbahnen für den Luftaustausch, die den Taleinschnitten des Elmhangs folgen (siehe Karte 4). Die eine Leitbahn führt aus dem Luttertal Kaltluft heran, die andere aus dem nördlich gelegenen Tiefental. Darüber hinaus gibt es eine direkte Ausgleichswirkung am unmittelbaren Ortsrand, die die westlichen Wohnsiedlungen klimatisch begünstigt. Im Bereich der Kernstadt leiten Grünflächen und z.T. auch Straßen die Luftströme hangabwärts weiter. über die genaue Reichweite können ohne Messungen (Traceruntersuchungen[2]) keine Angaben gemacht werden. Wegen der Größe des Ausgleichsraumes, den entsprechend großen Kaltluftmassen und der Hangneigung ist jedoch davon auszugehen, das die klima- und immissionsökologisch belasteten Kernbereiche der Stadt erreicht werden. Die Klassifizierung der Reichweite des Kaltluftabflusses aus dem Elm nach Marks et al. (1992), verändert in Mosimann et al. (1999: 257) ergab mit 39 Wertpunkten eine mittlere Reichweite, d.h. die Kaltluft dringt auf mehrere hundert Meter in Gebiete mit aufgelockerter Bebauung ein. Bei dem genannten Verfahren schneiden bewaldete Ausgleichsräume wesentlich schlechter ab als Acker- und Grünlandgebiete. Acker- und Grünlandflächen kühlen stärker ab als Waldflächen, mengenmäßig kann jedoch bei gleicher Hangneigung die im Wald gebildete Kaltluft bedeutender sein; dies hängt u.a. von der Höhe und Rauhigkeit des Stammraumes und der Blattmasse ab.

Klimatisch / lufthygienisch günstige Freiräume in Siedlungen

Klimatisch / lufthygienisch günstige Freiräume in Siedlungen sind vielfältig strukturierte Vegetationsflächen in Wirkungsräumen. Sie weisen günstige klimatisch-lufthygienische Bedingungen für die Bevölkerung auf. Untersucht wird nur die Kernstadt Königslutter als relevanter Wirkungsraum, da auf Grund der hier auftretenden Siedlungsklimate das Vorkommen klimatisch und lufthygienisch begünstigter Bereiche von besonderer Bedeutung ist.

Klimatisch / lufthygienisch günstige Räume sind folgendermaßen zu charakterisieren:

 

Die klimatisch und / oder lufthygienisch günstigen Flächen sind entsprechend ihrer lokalklimatischen Wirksamkeit in zwei Größenklassen unterteilt:

 

Die Kriterien für die Darstellung klimatisch / lufthygienisch günstiger Freiräume in Siedlungen in der Kernstadt Königslutter sind:

 

Die Tabelle 3.4-2 zeigt, welche Biotop- bzw. Strukturtypen als Wirkungsräume vorkommen. Die Einzelflächen weisen Größen unter 10 ha auf, wenn sie in der Summe mit ihren unmittelbaren Nachbarflächen einen klimatisch / lufthygienisch günstigen Freiraum bilden.

Tabelle 3.4-2:        Biotop-/ Strukturtypen klimatisch / lufthygienisch günstiger Freiräume im Wirkungsraum Kernstadt Königslutter

 

Biotop-/ Strukturtyp

Anzahl Flächen

Kleinste Teilfläche (ha)

Größte Teilfläche (ha)

Summe Fläche

EB

Baumschule

1

1,48

1,48

1,48

EBB

Baumschule

1

0,22

0,22

0,22

EBW

Weihnachtsbaum-Plantage

1

0,60

0,60

0,60

EG

Gartenbaufläche

1

0,57

0,57

0,57

EO

Obstplantage

1

1,06

1,06

1,06

PZ

Sonstige Grünanlage

1

0,24

0,24

0,24

GIT

Intensivgrünland trockenerer Standorte

1

0,22

0,22

0,22

HO

Obstwiese

1

1,01

1,01

1,01

PAI

Intensiv gepflegter Park

4

1,73

6,10

17,69

PFR

Sonstiger gehölzreicher Friedhof

1

3,61

3,61

3,61

PKR

Strukturreiche Kleingartenanlage

1

2,00

2,00

2,00

WXH

Laubforst aus einheimischen Arten

1

3,85

3,85

3,85

WZ

Sonstiger Nadelforst

1

0,45

0,45

0,45

WZF

Fichtenforst

1

12,29

12,29

12,29

 

Gesamt

17

0,22

12,29

49,15

 

Die Kriterien für die Darstellung klimaökologischer Komfortinseln in der Kernstadt Königslutter sind:

 

Es wurden 27 klimaökologische Komfortinseln ermittelt, die aus insgesamt 32 Einzelflächen der Biotoptypenkartierung zusammengesetzt sind. Die Tabelle zeigt, welche Biotop- bzw. Strukturtypen vertreten sind und welche Flächengrößen vorkommen. Insgesamt nehmen die Komfortinseln 46 ha ein.


Tabelle 3.4-3:        Biotoptypen der klimaökologischen Komfortinseln im Wirkungsraum Kernstadt Königslutter

 

Biotop-/ Strukturtyp

Anzahl Flächen

Kleinste Fläche (ha)

Größte Fläche (ha)

Summe Flächen

GRR

Scherrasen

1

1,02

1,02

1,02

HO

Obstwiese

3

0,71

1,13

2,64

PA

Parkanlage

1

0,52

0,52

0,52

PAI

Intensiv gepflegter Park

1

1,27

1,27

1,27

PFR

Sonstiger gehölzreicher Friedhof

1

2,31

2,31

2,31

PHG

Hausgarten mit Großbäumen

1

0,97

0,97

0,97

PHO

Obst- und Gemüsegarten

6

0,61

1,35

5,65

PHZ

Neuzeitlicher Ziergarten

11

0,52

1,94

11,45

PKR

Strukturreiche Kleingartenanlage

3

2,26

4,14

8,91

PS

Sport-/Spiel-/Erholungsanlage

3

0,74

7,77

10,48

PZA

Sonstige Grünanlage ohne Altbäume

1

0,86

0,86

0,86

 

Gesamt

32

0,52

7,77

46,08

 

 

Zum Seitenanfang

 

Zurück

 

weiter

 

 

 

 

 

 



[1]    Die Orographie befasst sich mit der Oberfläche und dem Relief der Erde.

[2]    Nachweis schwach ausgebildeter, bodennaher Strömungssysteme, wie z.B. Hangabwinde oder thermische Ausgleichsströme, durch Rauchmittel (Rauchkerzen, Rauchpatronen) oder Driftballone (vgl. Mosimann et al. 1999: 238f).